Der Libellengeburt — auch Libellenschlupf genannt — muss ich ein paar Erläuterungen zukommen lassen.
Ich habe im Frühjahr 2005 zum ersten Mal die Libellengeburt der Gebänderten Prachtlibelle (Calopteryx splendens) live miterleben dürfen, leider nicht ganz von Anfang an, aber für mich als Libellen-Fan und für jeden, der sich mit der Makrofotografie beschäftigt, ein ganz besonderes Erlebnis.
Der Kampf mit der Exuvie | Die Metamorphose
Die Libellen legen ihre Eier nach der Paarung im Wasser ab aus denen anschliessend die Larven schlüpfen, die sich bei der Prachtlibelle ca. ein Jahr im Wasser aufhalten und sich dort räuberisch von Kleinstlebewesen ernähren. Wenn wir also im Frühjahr und Sommer über die fliegenden Libellen staunen, sind sie schon fast am Ende ihres Lebens angelangt und verfolgen nur noch das eine Ziel: Sich wiederrum zu paaren und den Zyklus des Lebens neu beginnen zu lassen.
Es ist in der Regel eine warme Nacht, in der die Larven der Prachtlibelle das Gewässer, in dem sie zuvor ca. ein Jahr lang räuberisch gelebt haben verlassen, um ihr Schlupfsubstrat zu erreichen. Dort krallen sich die Larven fest und der eigentliche Schlupf — die Metamorphose zum Imago — beginnt. Die Larve erhöht den Innendruck und die Larvenhaut — Exuvie genannt — beginnt zuerst an den Augen, dann am Rücken zu reissen. Was dann folgt ist eine unglaubliche Arbeit, denn die Libelle beginnt sich aus der Hülle zu befreien. Um sich zu helfen, lässt sich die Libelle kopfüber nach hinten fallen — im Bild sehr schön zu sehen. Es geht nur millimeterweise voran, immer wieder gefolgt von längeren Pausen.
Abnabeln, die Sonne suchen und trocknen
Sind die Muskeln ein wenig gestärkt, geht der Kampf weiter. Die Libelle zieht zuletzt den Abdomen aus der Hülle und ist nur noch per Nabelschnur mit selbiger verbunden. Wie genau diese gekappt wird, konnte ich leider nicht beobachten. Man kann sehr schön erkennen, wie verschrumpelt und feucht die Flügel sind, der Körper fast farblos. Die geschlüpfte Libelle hängt jetzt hilflos und geschwächt an der Exuvie. Ein gefährlicher Zeitpunkt, ist sie doch jetzt hilflos und eine leichte Beute für Vögel. Ausserdem kann jetzt ein Windstoß dafür sorgen, die Flügel gegen das Schlupfsubstrat zu drücken und damit die Libelle irreparabel zu schädigen.
Sehr schnell danach fängt die Libelle an sich von der Hülle zu lösen und versucht eine exponierte Position in der Sonne zu finden, um sich zu trocknen. Um die Flügel und den Körper zu entfalten, fängt die Libelle an beide mit Blutflüssigkeit zu versorgen.
Auf den nachfolgenden Bildern kann man gut erkennen, dass die frisch geschlüpfte Libelle noch recht farblos ist, die Flügel mattweiß und nichts von der Eleganz der fertigen Libelle vermittelt. Bis zur vollständigen Trocknung der Flügel und deren Aushärtung, können ein paar Stunden ins Land gehen, erst dann erfolgt der Jungfernflug.
Was von dem faszinierenden Vorgang der Libellengeburt übrig bleibt, ist die verlassene Larvenhaut, die Exuvie.
Technische Erläuterung | Anekdote
Die Fotos der Libellengeburt entstanden 2005 an einem kleinen Bach in Schwerte – also vor 10 Jahren. Augenommen mit einer Nikon D2H, mit 4! Megapixeln und einem Sigma 105 Makro. Die Anzahl der Pixel wäre heute Grund genug, das Wunschhandy nicht zu kaufen. Vor 10 Jahren waren sie ausreichend und Qualität genug, großformatig in einem Sonderflyer (Tier des Jahres 2008) des Schweizer Naturschutzverbandes „Pro Natura“ zu erscheinen.
Lieber Klaus,
über Kutschers bin ich bei Dir gelandet.
Wahnsinn – Deine Bilder!! Du bist einfach ein „Künstler“!
Es war mir und Gisela eine Freude Deine Fotoarbeiten anzuschauen:
Herzliche Grüße
Dieter